Webwecker Bielefeld: Darjeeling

Reise zur Erleuchtung



Darjeeling Limited

Von Harald Manninga

Was haben elf Koffer, ein Laminiergerät und ein gestohlener Schuh mit Pfefferspray und einer entlaufenen Kobra gemeinsam? Dies: Sie kommen als Requisiten in Wes (Die Royal Tenenbaums) Andersons neuem Film vor.

Drei Brüder kommen ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters auf Geheiß des Ältesten in Indien zusammen, um sich auf die Pilgerreise zu sich selbst und ihrer Mutter zu begeben, die seit einigen Jahren als Nonne irgendwo im Himalaya lebt. Die Brüder haben einander seit der Beerdigung des Vaters nicht mehr gesehen, ihre Mutter seit Jahren nicht (sie war nämlich auch nicht bei der Beerdigung ihres Mannes dabei), und außerdem jeder für sich ein ganz spezielles kleines Geheimnis, das sie niemandem mitteilen mögen, weil es ihnen ein schlechtes Gewissen macht. Francis, der Älteste, laboriert darüber hinaus an den Verletzungen, die er sich bei einem Motorradunfall zuzog.

Nicht erst als die (fiktive) indische Luxus-Eisenbahn, die dem Film den Namen gibt, sich in der Wüste verfährt, wird klar: So hinreißend komisch und neben der Spur wie in diesem Film wurde die Frage: »Was soll das?« noch selten offengelassen. Und das unter der Beteiligung von Schauspiel-Stars wie Bill Murray und Anjelica Huston neben den Darstellern der drei Protagonisten Francis (Owen Wilson), Peter (Adrian Brody) und Jack (Jason Schwartzman).

Aber das ist eben Wes Anderson: Verstehen kann man vielleicht nicht, was der Dichter – oder besser: die Dichter, Andersons Kollaborateure an diesem Drehbuch waren Roman Coppola (ja, mit den andern Coppolas, Francis Ford und Sofia, verwandt) und Jason Schwartzman (ebenfalls Teil der Coppola-Sippe und ehemals Musiker) – uns damit sagen wollte. Und trotzdem trifft Anderson mit so gut wie jeder kleinen Pointe und mit noch einem skurrilen Detail und mit noch einer verrückten Situation aus dem irgendwie-dann-ja-doch-wirklichen Leben den gewissen Nerv. Die Musik, vor allem aus 60er-Popmusik zusammengebaut, und eine bemerkenswert unaufgeregte Kamera (Robert D. Yeoman) tun ihr übriges. Der wohlausgeklügelte Wechsel zwischen beengter (im Zug) und weitläufiger (draußen) Umgebung ebenfalls.

Jedenfalls wenn man mit dem Humor und der Weltsicht des Regisseurs Wes Anderson etwas anfangen kann. Denn leicht-beschwingte Komödien-Konsumkost ist dieser Film wahrlich nicht, als Zuschauer muss man sich im Zweifelsfall schon von allerlei Erwartungen und Gewohnheiten lösen können, die irgendwelcher Mainstream so mit sich bringt. Das Publikumsecho nach der deutschen Premiere des Films bei den 41. Hofer Filmtagen letzten Oktober war z.B. etwas – sagen wir mal: geteilt.

Aber – nochmal seis gesagt – das ist eben Wes Anderson: Die einen finden ihn so, die anderen so. Recht haben beide, irgendwie. Gut für die, die seine Filme so finden, die erwartet ein Mordsspaß, und möglicherweise lernen sie sogar was fürs Leben. Und schade für die, die Anderson-Filme so finden: Denen entgeht was.

The Darjeeling Limited (USA 2007, 92 Min.) von Wes Anderson kommt am 03.01. in die deutschen Kinos.