Webwecker Bielefeld: Gentlemen

Schiffbruch der »Nautilus«



»Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen« (Start 02.10.03)

von Harald Manninga

Eine wirklich außergewöhnliche und tolle Idee: Sieben literarische Gestalten, bekannt aus Grusel und Abenteuer, tun sich auf Geheiß eines gewissen »M« zusammen, um die Menschheit vor dem »Phantom« zu retten, das schon am Ende des 19. Jahrhunderts einen Weltkrieg anzetteln will. Angeführt von Allan Quatermain machen sich Kapitän Nemo, Mina Harker, Dorian Gray, der unsichtbare Rodney Skinner, Dr Jekyll (incl. Mr. Hyde) und Tom Sawyer (ja, tatsächlich, und zwar als Geheimagent der US-Regierung) mit dem U-Boot »Nautilus« auf den Weg zur Weltfriedenskonferenz, die das Phantom mittels einer Riesenladung Bomben zu sprengen droht... Das ist in Kürze die Geschichte des Comic-Romans, auf dem der Film basiert.

Oh, denkt man, das klingt ja schon mal witzig, da geh ich hin! Allein schon, weil Sean Connery den Quatermain spielt! Und vielleicht erfährt man ja sogar, wer dieser Quatermain eigentlich ist, den kennt man ja hierzulande nicht so recht. Genau wie gut die Hälfte der andern Helden, doch was macht das schon. Denkt man.

Aber wenn man hinterher aus dem Kino raus ist, dann hofft man für Connery, daß er wenigstens viel Geld dafür bekommen hat, in diesem Sammelsurium aus Zitaten, Anspielungen, hektischen Schnitten und einfach dummem Zeug mitzuspielen. Er ist hier nämlich der einzige, der gerade noch ungefähr halbwegs zu überzeugen vermag. Aber fesseln und mitreißen kann auch er den Zuschauer nicht.

Witzige Momente gibts zwar: Das Phantom, natürlich mit Nazi-Totenkopfknauf am Gehstock und von Riesenhorden von Schergen mit Wehrmachtshelmen umgeben, sieht mit seiner Maske und den strähnigen Haaren aus wie eine Kreuzung zwischen Guildo Horn und dem kleinen Bruder von Darth Vader. Dafür rasen die Helden in einem Auto durch Venedig (äh... Auto? In Venedig? Seit wann hats denn da Schnellstraßen? Und seit wann sind eigentlich Friedenskonferenzen in Venedig? Da gibts doch höchstens Carneval! Ach richtig: da ist er ja schon!), ein Auto, das anmutet wie eine Kreuzung zwischen Batmobil und Fliewatüüt. Oder wenn das eine Meile lange Unterseeboot »Nautilus« im Canale Grande einläuft, das ist schon... Aber nein, komisch ist das höchstens unfreiwillig. Nicht nur die Fantasie läuft aus dem Ruder, auch der Griff in die Kiste mit den Tricks geht dauernd zielsicher daneben. Hätte nicht jemand den Animateuren zeigen können, wo der Pixelradiergummi liegt?

Auf den ersten Metern schon wird das Spektakel außerdem zu einem Suchspiel: »Wo hab ich das schon mal gesehen?« Wenn Dr. Jekyll zu Mr. Hyde mutiert zum Beispiel – klar: »Hulk«. Aber der war wenigstens noch grün. Wenn Wasser in die Nautilus läuft: »Das Boot«. Und war bei den »Glorreichen Sieben« damals nicht auch schon eine Frau dabei? Wenn nicht: auch egal, denn wo immer man schon mal was gesehen hat, hat mans besser gesehen. Bis hin zum weißen Tiger, der im sibirischen Eis einmal völlig sinnlos und aus dem Nichts auftaucht, um direkt kehrt zu machen und wieder dorthin zu verschwinden. Oder vielleicht auch zurück zum Drehort für den nächsten Esso-Werbespot?

Dabei kann man sich nicht einmal einreden, das sei alles als Parodie oder sowas gemeint! Was man eigentlich gern täte, um dem Film wenigstens irgend eine Chance zu geben. Aber dieser Film verulkt sich nicht einmal selbst, sondern verheddert sich in Dutzenden kleiner Ideen, von denen keine richtig ausgeführt wird, so daß auch die Grundidee in diesem Gestrüpp qualvoll erstickt.