Die Zivilisierung der Neuen Weltordnung (Teil 3)
Die Resolution 1368 geht allerdings über die bis dahin bekannten Anti-Terror-Resolutionen hinaus. Sie bezeichnet nicht erst die Weigerung einer Regierung, die mutmaßlichen Täter auszuliefern, als eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit so wie die Resolution gegen Libyen im Lockerbie-Fall und die Resolution 1267 von 1999 gegen die Taliban -, sondern qualifiziert bereits den Terroranschlag selbst als eine solche Bedrohung nach Art. 39 UN-Charta. Dennoch ändert diese neue Qualität nichts an dem Ergebnis, dass diese Resolution keine Ermächtigung für eine militärische Reaktion enthält. Die Auffassung der Bundesregierung in Punkt 3 ihres Antrags, dass »nach der Resolution 1368 (2001) alle erforderlichen Schritte zu unternehmen« seien, also auch militärische, ist falsch. Der Sicherheitsrat hat »seine Bereitschaft« erklärt, »alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um auf die Terroranschläge zu reagieren...« Er hat sich damit die Auswahl der erforderlichen Schritte vorbehalten und beansprucht hier seine alleinige Kompetenz für Maßnahmen nach Art. 41 und 42 UN-Charta. Er hat den Staaten keine Blankovollmacht gegeben.
Das gilt auch für die zweite, am 28. September verabschiedete Resolution 1373 (2001), die genauso wenig eine Ermächtigung enthält. Sie bestätigt noch einmal die vorangegangene Resolution und bezieht sich in ihren weiteren Forderungen an die Staaten allerdings jetzt ausdrücklich auf das VII. Kapitel der UN-Charta, welches ihr verbindliche Sanktionen und Maßnahmen nach Art. 42 UN-Charta ermöglicht. Als solche fordert sie in einem ersten Punkt von den Staaten, alles zu unterlassen, zu verhindern und zu bestrafen, was mit der Finanzierung terroristischer Handlungen zusammenhängt. In einem zweiten Punkt fordert sie das gleiche bezüglich jeglicher anderen Unterstützung von terroristischen Aktivitäten. Insbesondere fordert sie die strafrechtliche Verfolgung, gerichtliche Untersuchung und Aburteilung von Terroristen, die Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Beweisen, effektiven Grenzkontrollen und strenger Überwachung der Ausgabe und Fälschung von Pass- und Reisedokumenten. Sie fordert die Staaten ferner auf, ihre Zusammenarbeit bei der wechselseitigen Information über alle Fragen, die den Terrorismus betreffen, zu verstärken und durch bi- und multilaterale Abmachungen sowie durch Unterzeichnung der wichtigen Anti-Terrorismus- Konventionen und Umsetzung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu ergänzen. Insbesondere sollen die Staaten darauf achten, dass der Flüchtlingsstatus nicht von Terroristen missbraucht werde, allerdings seien dabei die anerkannten Standards der Menschenrechte und des Völkerrechts zu berücksichtigen.
Schließlich richtet der Sicherheitsrat mit der Resolution ein spezielles Komitee ein, welches aus allen Mitgliedern des Sicherheitsrats besteht, um die Umsetzung der Resolution zu kontrollieren und fordert alle Staaten auf, binnen 90 Tagen dem Komitee über ihre Maßnahmen zu berichten. Der Sicherheitsrat schließt die Resolution mit der Versicherung, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, die Umsetzung der Maßnahmen zu garantieren, und der Absicht, »weiter mit der Sache befasst« zu sein. Auch aus dem Wortlaut dieser Resolution geht zweifelsfrei hervor, dass der Sicherheitsrat die Bekämpfung des Terrorismus mit anderen Mitteln als militärischen unternehmen will und dass er keine Ermächtigung zu einer militärischen Reaktion irgendeines einzelnen Staates gegeben hat.