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Kommissar im Streß (27.03.2003)



Nach Staatsanwälten wurde im Prozess gegen den ehemaligen Polizeipräsidenten Horst Kruse am Dienstag der ehemalige Leiter des Drogendezernats, Manfred Hudalla, als Zeuge vernommen. Er versuchte sich als das eigentliche Opfer des Drogenkonzepts der angeklagten Polizeiführung darzustellen.



Von Mario A. Sarcletti

Nach der Einstellung des Verfahrens gegen die Führung der Drogenberatung waren’s nur noch drei Angeklagte, die am vergangenen Donnerstag in Saal 1 des Bielefelder Landgerichts Platz nahmen. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft Münster geht der Prozess gegen den ehemaligen Polizeipräsidenten Horst Kruse sowie die beiden Polizeidirektoren Heinz Haubrock und Uwe Gebranzig weiter. Am zehnten Prozesstag setzte der Vorsitzende Richter Dieter Fels die Befragung der Zeugen aus der Staatsanwaltschaft fort. Die Widersprüche in den Aussagen dieser Zeugen hatten zu der dramatischen Wende im Prozess geführt, den Richter dazu bewogen, die Einstellung des Verfahrens vorzuschlagen.

Keine gute Figur machten die Zeugen auch am vergangenen Donnerstag. Vor allem der Leiter des für Drogendelikte zuständigen Dezernats, Oberstaatsanwalt Klaus Steffen, sowie Staatsanwältin Dorothea Buhr zeigten Gedächtnislücken. Nur Staatsanwalt Christoph Mackel machte eine umfassende Aussage. Er erzählte dabei von einer Streifenfahrt in der Naharyastraße, an der er 1998 teilgenommen hatte. Dabei habe er gesehen, dass sich eine junge Frau, deren Familie er kannte, dort prostituierte. Die Widersprüche in den Aussagen der anderen Staatsanwälte hat ihnen angeblich eine Anzeige wegen Meineids eingebracht.

Widersprüche produzierte auch die Befragung des ehemaligen Leiters des Drogendezernats der Polizei. Der versuchte sich als das eigentliche Opfer der Polizeiführung und des Drogenkonzeptes darzustellen. Immer wieder betonte er, dass er wegen Unklarheiten im Umgang mit der Drogenszene unter »unglaublichem Stress« gestanden habe. »Ich habe mich verarscht gefühlt«, beklagte sich der Erste Kriminalhauptkommissar Manfred Hudalla gestern im Zeugenstand. »Die haben uns dumm stehen lassen.« Auf die Frage, ob Polizisten zur Verfolgung von Dealern das Gelände der niedrigschwelligen Kontakt- und Beratungsstelle der Drogenberatung betreten dürften, habe er nie eine klare Antwort von der Behördenleitung bekommen. Uwe Gebranzig habe ihm nur gesagt, dass auf das Gelände flüchtende Räuber natürlich verfolgt werden dürfen. Das sei bei einer Besprechung gewesen, deren Anlass ein Video vom Gelände war. Das hatten zwei Beamte aus Hudallas Kriminalkommissariat 14 auf sein Anraten im September 1998 gedreht.

Warum er das Video anfertigen ließ, wollte der Vorsitzende Richter Dieter Fels von Hudalla wissen. Eine klare Antwort erhielt er nicht. In der Vernehmung durch Oberstaatsanwalt Kahnert im Oktober 2000 hatte Hudalla angegeben, das Video sollte zur Dokumentation der Vorgänge in der Kontakt- und Beratungsstelle in der Wilhelm-Bertelsmann-Straße gedreht werden, es sollte gegenüber der Polizeiführung belegen, dass dort gedealt werde. Am Dienstag hingegen sagte er, dass es darum gegangen sei, Beweise gegen einen Dealer zu sammeln. Auf die Frage von Richter Fels, welche der zwei Versionen denn nun stimme, antwortete Hudalla: »Beide.«