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Je öller, je döller oder: Wie schwierig kann Treppensteigen sein?



Von Harald Manninga

Freuen können sich schon mal Liebhaber von Krimiserien aus den Siebzigern: Es gibt zweidrei kurze Auftritte von Paul Michael Glaser, dem Starsky aus »Starsky und Hutch«, der in den letzten 30 Jahren so gut wie nicht älter geworden zu sein scheint. Immer noch der gleiche schwarze Lockenkopf, immer noch das schelmische Zwinkern im Auge, auch wenn er gar nicht zwinkert. Zugegeben: An der Gangart, ein paar Fältchen und der Lesebrille, die ihm am Bändel vom Hals hängt, sieht man dann zwar schon, dass die Zeit nicht spurlos an ihm vorübergegangen ist, aber das fällt kaum auf.

Deutlich gealtert sind seit den Siebzigern dagegen Jack Nicholson und Diane Keaton, und das ist auch gut so. Denn vor allem darum gehts ja schließlich in dieser Komödie.

Nicholson (67) spielt den erfolgreichen und berühmten Musikproduzenten Harry Sanborn (63), der vor allem dafür berühmt ist, dass er nie mit Frauen über dreißig rummacht. Jetzt hat er mal wieder ne Neue (29), die wird gespielt von Amanda Peet (31), heißt Marin, und mit der fährt er in das Strandhaus ihrer Mutter, um dort ein paar Tage garantiert nicht im Wohnzimmer zuzubringen. Als Muttern (Diane Keaton, 57), die berühmte Broadway-Stückeschreiberin Erica Barry (55), dann aber überraschend auftaucht, wird es erst peinlich, dann etwas schwierig. Aber man arrangiert sich halt, sind mit ihren durchschnittlich 50 Jahren ja alles erwachsene Menschen.

Erst recht schwierig wirds aber, als Harry beim Rumkalbern mit der jungen Marin einen Herzinfarkt bekommt. Um sich auszukurieren muss er ein paar Tage in besagtem Strandhaus bleiben, und es fällt der Mutter zu, sich um den armen Kranken zu kümmern. Dabei stellt sie nach und nach fest, dass er gar nicht so übel ist, wie sie sich das anfangs vorgestellt hat. Und er merkt, dass Frauen nicht unbedingt unter dreißig sein müssen, um attraktiv zu sein.

Was auf den ersten Blick aussieht wie ein vorhersehbares 08/15-Geschichtchen ist zum Teil auch eins. Das tut dem Genuss aber keinen großen Abbruch, Nicholson und Keaton spielen erst so ausgesprochen witzig und bissig, dann so sensibel, sexy und zärtlich aufeinander zu und voneinander weg, dass es geradezu eine Pracht ist.

Aber auch jedeR für sich haben sie einige starke Momente, zum Beispiel Nicholson, wie er seine verschiedenen Herzinfarkte (von denen nur einer wirklich einer ist, die andern sind Hinweise auf Herzeleid anderer Art) hinlegt: Man glaubt ja kaum, wie lustig und selbstironisch einer dem Tod erst auf die und dann wieder von der Schippe hüpfen kann. Und die Szenen im Krankenhaus, wie Nicholson z.B. unter dem beginnenden Einfluss eines Schlafmittels bedröselt durch die Flure torkelt! Oder seine Anstrengungen, sich mit Treppensteigen wieder fit fürs Bett zu machen: Jede geschaffte Stufe gleichsam ein Schritt beim Wiederaufstieg in ein Schlafzimmer, wo eben nicht mehr nur geschlafen werden darf. Das ist schon ziemlich prima anzuschaun! Besonders Nicholson zeigt sich in Höchstform. Keaton eigentlich ebenfalls, sie wird nur leider dann doch durch ein paar Dummheiten im Drehbuch ein wenig ausgebremst.

Abgesehen davon hat der Film eine reichliche Hand voll Überraschungen zu bieten, die man Hollywood nun so gar nicht zutrauen würde. Man sieht nicht nur Nicholsons 67jährigen blanken Hintern unterm Krankenhaushemdchen oder auch mal eine komplett nackte Diane Keaton, sondern allein schon das Thema »Sex im Alter« ist mehr als ungewöhnlich: In Hollywood-Filmen hat man keinen Sex mehr zu haben, wenn man über die 40 hinaus ist, als Frau erst recht nicht. Gar ein Orgasmus, das darf höchstens gespielt vorkommen, wie damals in »Harry und Sally« in der Restaurantszene, aber doch nicht im Bett, beim Akt und mit über 50! - Hier gibts das aber trotzdem, und die Art, wie das Thema in diesem Film dann behandelt wird, lässt an Humor, Mut und Einfühlsamkeit wenig zu wünschen übrig.

Jedenfalls am Anfang.