»Kriegserklärung« (Teil 4, Kommentar)
Bedenken gibt es viele, sowohl innerhalb der Bevölkerung als auch quer durch alle Parteien, wie auch die Bundes-CDU intern am Wochenende erfahren musste. Auch die Mehrheit der Bevölkerung leistet passiven Widerstand: Sie verfällt nicht in Aufbruchstimmung, um ein neues Deutschland zu bauen. Weil sie erfährt und ahnt, dass es für sie keine gute Geschichte wird. Die Profite steigen, die Reichen werden immer reicher, gleichzeitig die Masse der Bevölkerung in einem hochtechnologisierten Land immer ärmer. Tatsächlich, da stimmt etwas nicht in diesem Land.
All diejenigen, die sich jetzt, aktiv oder passiv, den Reformvorhaben verweigern, leisten bereits Widerstand, sind in letzter Konsequenz gegen das Kapital. Eine interessante Sicht von Roth. Damit umgeht er die Klippen typisch linker Diskussionen: Sollen wir einen Mindestlohn fordern, wenn wir eigentlich den Kapitalismus abschaffen wollen? Wirkt das nicht vielmehr systemerhaltend? Reform oder Revolution? Reformierend integriert werden oder eine Revolution planen, die weit weg ist und historisch wenig gelungene Vorbilder kennt? Roth plädiert hier für die subjektive Perspektive. Neben der Notwendigkeit, abstrakt und theoretisch den Überblick zu behalten, gehe es für viele Menschen schlicht darum, zu überleben. Und da ist ein Mindestlohn oder eine ausreichende Sozialhilfe existenziell. Ein Zusammenhang, der mit dem Auslaufen der sozialen Markwirtschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Ein Umstand, der Menschen schlaflose Nächte bereitet, weil sie voll Sorge um ihre Zukunft sind. Eine neue Erfahrung vieler Menschen, die die gegenwärtige Linke ernst nehmen muss.