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Wolfram Wette (Hg.), „Zivilcourage. Empörte, Helfer und Retter aus Wehrmacht, Polizei und SS



Titel: Wolfram Wette (Hg.), Zivilcourage. Empörte, Helfer und Retter aus Wehrmacht, Polizei und SS


„Die Erinnerung an die „unbesungenen Helden“, wie sie manchmal auch genannt werden, zeigt uns, dass Frauen und Männer selbst in der nationalsozialistischen Diktatur Handlungsspielräume und Entscheidungsmöglichkeiten hatten. Ihr Beispiel zeigt, dass die Entschuldigung, man habe damals nichts tun können, keine Entschuldigung ist, sondern oft nur eine Ausrede“, so Johannes Rau im Geleitwort des Titels „Zivilcourage. Empörte, Helfer und Retter aus Wehrmacht, Polizei und SS“, der Ende 2003 im Fischer Verlag erschien. Herausgeber ist Wolfram Wette, seit 1998 Professor für Neuste Geschichte am Historischen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen Menschen, i.d.R. Männer, die während der NS-Zeit Uniform trugen, Mitglied einer Institution wie Wehrmacht, SS oder Polizei waren und nicht konform der menschenverachtenden NS-Ideologie handelten, die z.B. den Befehlsgehorsam verweigerten. Leicht können diese Ausnahmen zur gesellschaftlichen Entlastung und Relativierung herangezogen werden, Motive mit den sicher der Erfolg des Spielberg Films über Schindler zu erklären ist. Betont werden muss unbedingt, dass zum einen Handlungsspielräume existierten, dass es zum anderen allerdings nicht viele waren, die mutig und selbstbewusst gegen den Strom schwammen.

Klaus Hornig ist einer von ihnen: Nachdem er aus wirtschaftlichen Gründen das Jurastudium 1930 aufgeben musste, begann seine Polizeilaufbahn, 1930 trat er als Offiziersanwärter in die preußische Schutzpolizei ein. Im Oktober 1941 erhielt Hornig den Marschbefehl ins polnische Generalgouvernement, sein oberster Chef dort: der brutale, antisemitische Nazi Odilo Globocnik. Hornig wurde befohlen, an einer Erschiessungsaktion teilzunehmen. 780 kriegsgefangene Angehörige der Roten Armee wurden in einem Waldstück bei Zamosc erschossen, Hornig war nicht unter ihren Mördern. Er weigerte u.a. sich mit der Begründung eine solche Aktion widerspreche internationalem Recht. Hornig wurde nicht wegen Befehlsverweigerung auf der Stelle zur Rechenschaft gezogen und sofort erschossen, eine von Nazi-Tätern immer wieder kolportierte Begründung für ihren unbedingten Gehorsam. Erst Ende Januar 1942 wurde Hornig wegen andauernder „SS- und polizeifeindlicher Einstellung“ nach Frankfurt a.M. versetzt. Zuvor hatte er versucht, Plünderungen und Bereicherungen durch Bataillonsangehörige aufzuklären. Im September 1942 kommt Hornig ins Polizeigefängnis Kassel, im Juli 1944 wird er in das KZ Buchenwald verlegt, allerdings ohne rechtskräftiges Urteil. Dort wird er am 11.4. durch US-Truppen befreit. In den 60er und 70er Jahren sagte er als Zeuge der Anklage wegen NS-Gewaltverbrechen aus: ein gänzlich untypischer Lebenslauf für einen ehemaligen Angehörigen eines Polizeibataillons.