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Sergio Atzeni, »Bakunins Sohn«



Titel: Sergio Atzeni, Bakunins Sohn

Ich suche mir die Geschichten, ich erfinde sie nicht, (...) die in Bakunins Sohn erzählten Begebenheiten sind in einem gewissen Sinne wirklich geschehen, wenn es auch nicht möglich ist, die einzelnen Personen im Roman wiederzuerkennen .Niemand kann zum Beispiel sagen, diese Person ist der und der, das ist mein Onkel, aber meine Geschichten sind in dem Sinne wahr, dass sie zwar nicht so geschehen sind, wie ich sie erzählt habe, doch sie hätten sich ereignen können, denn die Personen gibt es und die Realität gibt es und sie wird ganz und gar erzählt“, so Sergio Atzeni in einem Vortag an der Universität Cagliari.
Ein Journalist begibt sich auf Spurensuche, wer war Tullio Saba, der mit Spitznamen Bakunins Sohn genannt wurde? Sohn eines freiheitlich denkenden sardischen Schuhmachers, der für seine gute Arbeit und wasserfesten Schuhe von den in den Kohlegruben Arbeitenden geschätzt wird. Mutiger, mitunter leichtsinniger Antifaschist, der dem Faschismus mit Entschlossenheit, Einfallsreichtum und einer Prise Humor entgegentritt. Arbeiter und Gewerkschaftsführer, der sich als Kommunist entschieden für die Rechte der arbeitenden Klasse einsetzt. Ist er verantwortlich für den politischen Mord am Bergwerksdirektor, hat er geschossen?
Moralischer Überlebenskünstler mit poetischer Ader, Frauenheld, leichtsinnig und tiefgründig, einer, der den Frauen gefällt.

Erzählt wird mehr als die fiktive Geschichte eines Tullio Sabas, geboten wird ein Porträt der Lebensrealtität einer Region Sardiniens kurz vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg und der Herrschaft Mussolinis. Der Südwesten der Insel, war Ende der 20er Jahre ein wichtiges ökonomisches Zentrum, Kohle wurde abgebaut. Mit zunehmendem Erstarken des Faschismus änderte sich das alltägliche Leben, die Arbeitsbedingungen verschärften sich. Atzeni erzählt liebevoll, mit einem humorvollem Augenzwinkern, zudem spannend. Aus Gerüchte vom Hörensagen, vermittelt über Dritte oder Vierte, manchmal auch aus eigenem Erleben entwickelt sich ein widerspruchsvolles Bild Tullio Sabas, letztlich Sardiniens. Legende und Wahrheit lassen sich nicht mehr auseinanderhalten, aber spielt das eigentlich eine Rolle? (rk)

Sergio Atzeni, „Bakunins Sohn“, Edition Nautilus, 93 S.,2004, Euro


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