Webwecker Bielefeld: haverbeck01

Haverbeck und Cohrs wegen Volksverhetzung verurteilt (23.06.2004)



Im Amtsgericht Bad Oeynhausen fand am 18. Juni die Verhandlung gegen Ursula Haverbeck und Ernst-Otto Cohrs statt. Das Gericht verurteilte beide wegen Volksverhetzung zu je 180 Tagessätzen zwischen 20 und 30 Euro. Die Bielefelder Antifa-West beobachtete den Prozess.

Vor Beginn des Prozesses forderten rund 15 AntifaschistInnen auf einem Transparent die Schließung des Collegium Humanums. Das Haus in Vlotho, welches von Ursula Haverbeck geleitet wird, ist zum Zentrum von Holocaustleugnern geworden (WebWecker berichtete).

Holocaustleugnung in drei Artikeln der Hauszeitschrift des Collegiums, der »Stimme des Gewissens«, war denn auch Gegenstand der Anklage. Dazu kam eine dort abgedruckte Rede, die Ursula Haverbeck anläßlich der Gründung des ›Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten‹ (VRBHV) gehalten hatte. Der zweite Angeklagte Ernst-Otto Cohrs ist ›Schriftleiter‹ des Blattes, welches mit einer Auflage von 3.000 Exemplaren erscheint.

Rund 80 extreme Rechte, von gescheitelten Neonazis aus dem Osten über betagte Herrschaften bis hin zur Szeneprominenz sammelten sich vor dem Gerichtssaal, was einmal mehr die zentrale Funktion des Collegium Humanum für die Holocaustleugnerszene belegt. Unter den Anwesenden waren unter anderem der NPD-Anwalt Horst Mahler, der stellvertretende nordrhein-westfälische NPD-Vorsitzende Klaus Cremer, die ostwestfälische Koordinatorin der ›Gesellschaft für freie Publizistik‹, Sigrid Schenk, Reinhold Oberlercher vom ›Deutschen Kolleg‹, der Betreiber der Internetseite ›Deutschlandlügen.

Vor der eigentlichen Verhandlung versuchte Horst Mahler auf der Verteidigerbank Platz nahm. Richterin Britta Kurhofer-Lloyd musste Mahler daran erinnern, dass gegen ihn ein Berufsverbot besteht. Darauf erklärte der Verteidiger der Angeklagten, Rechtsanwalt Ulmer aus Berlin, den Neonazi zu seinem Assistenten. Die Richterin bestand jedoch darauf, dass Mahler keine aktive Rolle in der Verhandlung spielen dürfe. Die Angeklagten nutzten die Verhandlung für eine Wiederholung ihrer Holocaustleugnungen. Haverbeck betonte in ihrer Einlassung, »der Holocaust, so wie er uns jahrzehntelang eingehämmert wurde« sei »nicht mehr aufrecht zu halten«.

Cohrs habe sich bei seinen Einlassungen erneuter Holocaustleugnungen schuldig gemacht, merkte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung an. Die Angeklagten könnten sich nicht auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen, da es ihnen darum gehe die Verbrechen des Holocaust zu entkrimminalisieren. Damit folgte das Gericht dem Plädoyer der Staatsanwältin Hundertmark, die erklärt hatte, es ginge den Angeklagten nicht um eine sachlich Diskussion, sondern um ein »Reinwaschen des deutschen Volkes« vom Holocaust durch dessen Relativierung. Haverbeck wurde zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 30 Euro, Cohrs zu ebenso vielen Tagessätzen von 20 Euro verurteilt.

Rund 50 Neonazis, die im Verhandlungssaal keinen Platz mehr fanden, begaben sich unter der Führung von Edgar Forster und unter Beobachtung von Beamten des Staatsschutzes der Polizei Bielefeld ins Treppenhaus des Gerichts und hielten eine Versammlung ab. Zuerst wurde durch Forster eine zehnseitige Erklärung Ursula Haverbecks verlesen. Darin wurde positiv auf die Literatur der Holocaustleugner Bezug genommen und selbst Zitate von NSDAP-Größen wie Hermann Göring angeführt, demnach die Gaskammern »Propagandaschwindel« seien. Dies Justizbeamten jedoch erkannten die Situation nicht oder wollten nicht eingreifen. Im Gegenteil: Ein Justizbediensteter erschien und schloss einen leerstehenden Gerichtssaal auf, damit die Versammlung dort fortgesetzt werden könne und die Beteiligten nicht weiter stehen mussten. Das Angebot wurde dankbar angenommen. Da nun, soweit ersichtlich, keine Staatsschutzbeamten mehr anwesend waren, konnten die Neonazis frei reden.