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Die Beere für den großen Appetit (06.10.2004)






von Aiga Kornemann

Ausgebrannte AutorInnen könnten auf die Idee kommen, ein paar Kürbiskerne vor ihren Komposthaufen zu schleudern. Auf diesem Boden gedeihen fantastische Geschichten: Die unscheinbaren Plättchen platzen. Aus ihrer Mitte schieben sich gierige Fänge. Bald kriechen daumendicke Ranken unaufhaltsam über jedes Hindernis hinweg. Borstige Blätter flaggen ihren Weg. In deren Schatten öffnen sich Blüten, die in Größe und Farbe der Sonne nacheifern.


Kniegeige und kandierte Schönheit

Trotz aller Freude am ungebremsten Wachstum gipfelt die Karriere männlicher Kürbisblüten bestenfalls in kandierter Schönheit auf einem Dessertteller. Aus den Weibchen dagegen werden sich essbare Gymnastikbälle wölben: Kürbisse, in Gärtnerkreisen ob ihrer festen Hülle auch „Panzerbeere“ genannt, sind die Pflanzen mit den größten Beeren und Samen weltweit. Mittel- und SüdamerikanerInnen verwendeten Kürbisse schon vor Jahrtausenden – das Fleisch als Grundnahrungsmittel, die Schale multifunktional, mal als Geschirr oder Wasserkrug, mal als Kniegeige oder Rumbakugel.


Des Öko-Bauern liebster Kürbis

Heute sind rund 800 Kürbis-Arten bekannt. Dazu zählen große und kleine, kugelrunde und längliche, glatte, rauhe, gestreifte und einfarbige von weiß über leuchtend orange bis dunkelgrün. Eines hätten sie gemein, findet der Kolumnist Max Goldt: Das Aroma einer nicht gelüfteten Umkleidekabine.
Dies mag für die Riesen gelten. Nussig im Aroma und zudem gesund ist der orangefarbene Hokkaido. Den haben auch europäische Öko-Bauern für sich entdeckt. Der mittelgroße Kürbis wächst problemlos in unseren Breiten. Seine Blätter beschatten den Boden und verhindern, dass wertvolle Krume im Wind verweht. Die dicke Schale, die übrigens ziemlich gut schmeckt, schützt den Hokkaido vor Schädlingen. Nur Frost mag er nicht. Wird er wie alle Winterkürbisse im Oktober geerntet und luftig gelagert, hält er sich bis zu vier Monaten. In der Küche ist der Hokkaido vielseitig verwendbar: In Suppen, Kompotten, Chutneys, Gebäck, Aufläufen und Salaten.


Schnitzerei zum Geisterfest

Ihre Renaissance verdankt die vielseitige Riesenbeere einer irischen Sage. Deren Held Jack konnten weder Gott noch Teufel leiden. Gott ließ den Saufbold nicht mal bis ans Himmelstor. Der Teufel zeigte Milde und warf ihm ein Stück glühender Kohle zu, auf dass Jack’s Geist in finsterer Nacht nicht stolpere. Die Finger wollte der sich aber auch nicht verbrennen. Darum packte Jack o’Lantern die Glut in eine ausgehöhlte Rübe. Irische Auswanderer bringen das Lichterfest zur Geisternacht nach Amerika. Dort wird die Rübe zum Kürbis und die Sitte vom Kürbis-Schnitzen am 31. Oktober schwappt zurück nach Europa. In diesen Tagen findet Jack o’Lantern die wahre Hölle im Kaufhaus: Bei Weichmacher-getränkten Halloween-Gummi-Masken, schreiend bunten Plastik-Kürbis-Lichterketten und ähnlichem Spuk.

Leckere Naturkost-Rezepte, zum Beispiel für eine Kürbis-Apfel-Suppe mit Sahnehäubchen, gibt’s auf der Seite www.echt-bio.de


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