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Jules Schelvis, »Eine Reise durch die Finsternis. Ein Bericht über zwei Jahre in deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern« (April 2005)



Titel: Eine Reise durch die Finsternis

„Westerbork, Sobibor, Dorohucza, Radom, Lublin, Tomaszow, Auschwitz, Vaihingen“, diese Orte sind auf dem Umschlag des neuen Titel von Jules Schelvis zu lesen, doch wer hat schon von Dorohucza oder Tomaszow gehört? Auch dem Autor, 1921 in einer jüdischen Familie in Amsterdam geboren, waren diese Orte unbekannt, bevor er sie auf seiner absurden Odyssee durch die nationalsozialistischen Lager kennenlernen musste, die am 1.Juni 1943 mit der Deportation von Westerbork nach Sobibor begann.

Der Autor des Standardwerkes über das Vernichtungslager Sobibor gibt in seinem autobiographischen Bericht „Eine Reise durch die Finsternis“ detailliert und schockierend Auskunft über seine Erlebnisse in diesen Lagern. Direkt nach seiner Befreiung während eines längeren Krankenhausaufenthaltes hielt Jules Schelvis seine Erlebnisse fest, 1982 erschien sein Bericht in den Niederlanden. Bis zur deutschsprachigen Übersetzung hat es bedauerlicherweise noch einmal über zwanzig Jahre gedauert. Jules Schelvis Erfahrungen dokumentieren konkret und drastisch die Verflechtung der unterschiedlichen Typen der nationalsozialistischen Lager und ihre engmaschige Vernetzung: So überlebt er Ghettoisierung in den Niederlanden, Konzentrations- und Deportationslager wie Westerbork, Vernichtungslager wie Sobibor, das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz, das Konzentrations- und Zwangsarbeitlager „Alter Fugplatz“ in Lublin, Ghetto- und Arbeitslager wie Radom oder Tomaszow, Arbeitslager wie Dorohucza oder Vaihingen an der Enz, zudem Todesmärsche von einem Lager zum anderen, Erschießungsaktionen und „Vernichtung durch Arbeit“. Immer leiden die Häftlinge unter der Willkür ihrer Bewacher, insbesondere der SS, immer sind sie konfrontiert mit den denkbar ungünstigsten Bedingungen: mangelhafte und unzureichende Ernährung, keine Krankheitsversorgung, mehr als unzureichende hygienische Bedingungen. Ständige Begleiter sind Läuse, Typhus, die SS, ukrainisches Wachpersonal. Allerdings variieren die Bedingungen in den diversen Lagern graduell, dennoch entscheidend über Leben oder Tod. Das Arbeitslager Vaihingen an der Enz, die entkräfteten Häftlinge mussten dort in einem Steinbruch Schwerstarbeit verrichten, bezeichnet der Autor auch als Vernichtungslager. „Hier kämpfte jeder um das nackte Überleben. Man musste aus eigener Kraft, mit bloßen Händen, geschwollenen Füßen und leerem Magen, den Kampf gegen die SS, die Einsamkeit, die Menschen ringsum, die Läuse, das Wetter und die Zeit führen. Für die Schwächsten, von denen die meisten schon drei Jahre oder länger unter der Naziherrschaft gelitten hatten, war es eine Frage, wie lange sie noch durchhalten konnten. Die Sterberate stieg rapide (..),“ und das kurz vor Kriegsende.