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Remco Campert: »Eine Liebe in Paris«, (August 2005)



Titel: Eine Liebe in Paris

In den Niederlanden ist der Lyriker Remco Campert schon lange kein Unbekannter mehr, von ihm erschien dort ein umfangreiches Werk. Aktuell schreibt er mehrmals wöchentlich Kolumnen für die große Tageszeitung »De Volkskrant«, die jährlich gesammelt in einem Band erscheinen. Jetzt erschien in deutscher Übersetzung beim Arche Verlag sein letzter Roman, »Eine Liebe in Paris«, der erst letztes Jahr in den Niederlanden veröffentlicht wurde.

Campert erzählt die Geschichte des Autors und Dichters Richard Sanders. Im reifen Mannesalter und auf der Höhe seines Erfolges ist er endlich wieder zurück in Paris, der Stadt der Kunst, in der alles anfing. Ironischerweise lautet der Titel seines Romans, der auf einer Ausstellung seines Jugendfreundes, dem Maler To´ver dem französischem Publikum vorgestellt wird: »Die Kunst des Vergessens«.

Und mit seiner ganz persönlichen Vergesslichkeit wird Sanders gleich beim ersten Gang aus dem Hotel konfrontiert: unerwartet begegnet er einer attraktiven, ihm völlig unbekannten Frau, die ihn sogleich wiedererkennt. Konfrontiert mit seinen Erinnerungslücken versucht Richard Sanders während des kurzen Parisaufenthaltes die erste Begegnung mit Sacha van Munster zu rekonstruieren, zunächst erfolglos.

Diese unverhoffte Begegnung löst ein umfassendes existentielles Nachsinnen über das eigene Leben und dessen Sinn aus. Sanders erinnert die Kindheit mit dem alleinerziehenden und äußerst extrovertiertem Vater, der als erfolgreicher Schauspieler den Lebensunterhalt verdient.

Richard bricht die Schule ab, er will Dichter sein. Mit seinem Freund To´ver träumt er in Paris, dieser grandiosen Stadt, vom großen Erfolg. Sie leben mal asketisch, mal ausschweifend und teilen fast alles. To`ver gelingt der Durchbruch, Sanders kehrt zurück in die Niederlande und lebt in Antwerpen. Er versäuft seine Tage und Nächte, hat viele Affären und dennoch oder gerade deshalb gelingt ihm die Anerkennung als Schriftsteller und Dichter, auch er gehört jetzt zu den Erfolgreichen. Irgendwann in dieser Zeit, in der er nicht aufhört an eine Rückkehr nach Paris zu denken, begegnet er Sacha. Und jetzt führt ihn der eigene Erfolg zurück in die Stadt der Träume.

Liest mensch Remco Camperts biographische Daten, fallen Ähnlichkeiten der konstruierten Figur Sanders mit dem Autor sofort ins Auge: der alleinerziehende Vater, die Jugend in Amsterdam, dennoch sollte der Roman nicht nur biographisch gelesen werden. Campert spielt in seinem Roman mit den verschiedensten Klischees über Künstler, die eigentlich ununterbrochen in Cafes sitzen, ihren mehr oder weniger ausschweifenden Lebensstil, ihren beschwerlichen Weg zum Erfolg und was aus ihnen wird, wenn sie es geschafft haben, mitunter unangenehme ekelige Protzer.

Es wird aber auch deutlich, dass es hinter dem Klischee noch etwas anderes geben muß, eine innere Obsession zur Kunst, zum Schreiben, die realer als die Realität sein kann und gleichzeitig harte Arbeit bedeutet. Männliche Schriftsteller sind natürlich am erfolgreichsten, wenn sie so langsam verkommen und eigentlich nur noch widerlich sind und dann, das ist hoffentlich auch nur ein Klischee, wollen alle unbedingt etwas ganz Bedeutendes hinterlassen, es soll doch nach dem endlichen Leben unbedingt etwas zurückbleiben.

Campert hat seinen kurzen Roman in einer leichten, flüssigen Sprache geschrieben, allerdings ist die leicht melancholische Lektüre gehaltvoller, tiefsinniger und amüsanter, als es auf den ersten Blick erscheint. Eine sorgfältig konstruierte Geschichte, ein angenehmer Erzählton, nur das nicht ganz so überraschende Ende hätte auch ein anderes sein können, letztlich ist es aber auch nicht mehr und nicht weniger als ein Klischee.... (rk)

Remco Campert, »Eine Liebe in Paris«, Arche Verlag, 153 S., 17 Euro, 2005

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