Webwecker Bielefeld: Polly

Polly Blue Eyes



Von Harald Manninga

Im Vergangenen Jahr hat Tomy Wigand mit seiner Neuverfilmung von Erich Kästners Roman »Das fliegende Klassenzimmer« das Publikum begeistert. Und das nicht nur in Deutschland: Bei der Uraufführung seines neuen Films in Hof war ein Vertreter vom Goetheinstitut mit auf der Bühne vor dem Vorhang und hat dem völlig überraschten Wigand den ersten Preis des größten Kinderfilmfestivals des Iran übergeben. Man mag es fast nicht glauben, angesichts der sonstigen Nachrichten aus diesem Land, dass es dort trotz allem (?) Filmfestivals gibt. Kinderfilm-Festivals gar! Und dass da dann ein deutscher Film den Hauptpreis bekommt – Hut ab!

Und Hut ab auch vor diesem neuen Film, der schon nächste Woche in die Kinos kommt. Die 18jährige Polly Pinn (Susanne Bormann) kommt nach verbüßter Jugendstrafe aus dem Knast, und jetzt soll in ihrem Leben alles anders werden. Ganz normal, ganz solide. Wie das aussehen soll, ist auch schon ganz klar: Sie will einen Job in der Burger-Bräterei »Cheops«. Nicht nur, weil ihr das Klopsewenden irgendwie im Blut liegt, sondern weil sie außerdem ihrer Zellengenossin helfen will, deren Freund Sascha sie gerade schmählich im Stich gelassen hat und wohl oft in diesem Restaurant verkehrt.


Zunächst geht auch alles ganz gut. Sie bekommt den Job, sie bekommt auch ziemlich schnell die große Liebe, den Polizisten Stefan (Sebastian Ströbel), eine eigene Wohnung zu finden ist ebenfalls kein Problem.

Allerdings gibts da auch noch ihre Familie, mit Eltern und älterer Schwester. Mutter Maria ist reichlich blondchen-doof (Meret Becker), Vater Herbert (Ulrich Noethen) ein etwas dummer Kleinkrimineller, und Schwester Susanne hat sich grade in den jungen Imbissbesitzer Ronny (Matthias Schweighöfer) verliebt. Der hegt auf dem Weg zum Reichtum wilde Pläne mit dem Verkauf von Fertighäusern aus Aluminium. In diese Pläne will er die Familie Pinn einbeziehen, weil er noch an der Finanzierung dieses Projekts laboriert. Die soll mit Hilfe eines Überfalls auf einen Getränkemarkt sichergestellt werden, und dafür kommen ihm diese etwas naiven Prollos sehr gelegen.

Polly glaubt ihm kein Wort und versucht alles, was in ihrer Macht steht, die Verwirklichung dieser Pläne des Pommesfritzen Ronny zu vereiteln. Sie hält den nicht zuletzt wegen seiner öligen Annäherungsversuche für genauso schmierig wie sein ranziges Frittierfett hält.


Das hat Witz, das hat Spannung, das macht Spaß. Die Geschichte (Buch: Karin Laudenbach und Martin Rosefeldt) allein ist schon so schön ungewöhnlich, dass der Film dafür ein Sternchen verdient hat. Vielleicht ist sie ein bisschen zu verwickelt, denn es werden eigentlich mindestens drei Geschichten parallel erzählt, die am Ende dann zwar schön zusammenfinden, aber je einzeln manchem etwas verloren und unzusammenhängend vorkommen mögen. Dann aber diese Spielerleistungen! Die sind durch die Bank einfach hinreißend.