Webwecker Bielefeld: Chicken 2

Himmel und Huhn (Forts.)



Und nach »Logik« in der Geschichte sollte man auch nicht allzu laut fragen. Wieso z.B. gerät eine ganze Stadt in Panik, wenn ein bekannt dummes Küken aus der Mauerblümchen-Fraktion was von Weltuntergang erzählt?

Für die deutsche Version hat man sich dazu noch einige weitere Merkwürdigkeiten ausgedacht. Nicht nur ist der dt. Titel recht dämlich geraten. Die deutsche Stimme von Hühnchens Freundin Susi Schnatter gibt Verona Pooth (geb. Feldbusch), die des Sportlehrers macht Boris Becker. Von Synchronsprechen ist folglich nicht ernsthaft zu reden, auch wenn die Auswahl aus anderen Gründen sozusagen »treffend« zu nennen sein und gar für witzig gelten könnte. Aber was gar Münchens OB Christian Ude in dieser Laienschar der Stimmengeber zu suchen haben mag...

Da ist es beinahe echt lustig, wenn am Ende die Aliens mit rheinischem Dialekt daherkommen: Endlich mal wird nicht gesächselt, um einen komischen Effekt herbeizwingen zu wollen. Komisch ist das dann zwar auch nicht unbedingt, aber immerhin nahezu originell. Auch wenn man sich hier an den in Synchronkreisen auch beim Sächseln geltenden und irgendwie ehernen Grundsatz gehalten hat, dass man für Dialektszenen auf keinen Fall Sprecher nehmen darf, die den entsprechenden Zungenschlag wirklich beherrschen. (Bei »Shrek 2« bekam der dt. Sprecher des »Gestiefelten Katers« extra Sprachunterricht, um den spanischen Akzent ordentlich rüberzubringen...)

Dafür ist aber die Besetzung des »Vaters« mit Markus Maria Profitlich ausgesprochen gut gewählt und möge als lobende Erwähnung hervorgehoben sein. Gerade in diesem Kontrast mit den anderen o.g. »Sprechern« merkt man eben doch, was solide Begabung und lange Bühnenerfahrung bei einem Schauspieler so ausmachen! Sänger Kim Frank, der neulich erst in »NVA« sein Debüt als Schauspieler gab, macht als Stimme des Hühnchens zwar auch eine recht gute Figur, aber erst recht ein Sänger sollte ja wohl seine Klangwerkzeuge ordentlich beherrschen, also möge es bei der Anmerkung bleiben, dass ers ganz nett bringt.

Achso, und die Technik: Doch, die beherrschen sie bei Disney. Aber das versteht sich bei Computeranimation ja wohl von selbst, da wird technische Perfektion vorausgesetzt und erwartet. Zumal bei einer selbstentwickelten Neuigkeit, »Disney Digital 3D« heißt die. Soll heißen: eigentlich ist das ein 3D-Film! Das allein reicht immer noch nicht, um einen Film wirklich gut zu machen, egal wieviel Tausende einzelne Federn man dem Küken an den Balg programmiert hat. Man bedenke nämlich dazu, dass es auf der Welt nur drei oder vier Kinos gibt, in denen diese neue Technik auch zur Geltung kommen kann.


Die »Zielgruppe« der Null- bis Achtjährigen wird die Schwächen dieses Streifens natürlich wenig interessieren, allein schon deshalb, weil diese Kleinen zuwenig Kinoerfahrung haben. Und es kann durchaus sein, dass sie einigen Spaß aus dem Geschehen ziehen, denn etwas Tempo und ein paar »kindgerechte« Witzlein (z.B. das mit dem Kaugummi auf der Straße, an dem das Hühnchen recht ansehnlich kleben bleibt) hat der Film schon zu bieten. Schade jedoch, dass ausgerechnet dieser Film womöglich für diese Generation zur prägenden Ersterfahrung in Sachen Disneyfilm werden könnte und sie sich in späteren Jahren mühsam aneignen muss, dass die Marke Disney früher (»war alles besser«) für so fast zeitlose Klassiker wie »Schneewittchen« und »Dschungelbuch« und dergleichen verantwortlich zeichnete.

Eine Mühe, die umso mühsamer wird, als es solche Klassiker nur äußerst selten mal auf Konserve zu kaufen gibt. Fragen Sie den DVD-Händler Ihres Vertrauens nach dem »Dschungelbuch«, und er wird Ihnen sagen, dass auch er diese Geschäftspolitik beim besten Willen nicht verstehen kann. Sehr wahrscheinlich mit Tränen in den Augen, schon wegen des Umsatzes, den Disney und er damit machen könnten, wenn es so eine DVD gäbe.

Kann denen das vielleicht mal jemand mitteilen?