Vorschläge zur Gestaltung der
Erinnerung an die beiden Zwangsarbeiterlager auf dem Johannisberg
(Planung für den Panoramapark Johannisberg und den Park- und
Festplatz, ausgearbeitet vom DGB-Arbeitskreis
"Zwangsarbeit in Bielefeld" und der Sektion Bielefeld von
"Gegen-Vergessen-Für Demokratie e.V.)
Die Chance der Neugestaltung nutzen
Der alte Bielefelder
Stadtpark auf dem Johannisberg soll in einer großzügigen langfristig angelegten
Planung wieder zu einem attraktiven Anziehungspunkt werden. Durch Mittel des
Konjunkturpakets II soll jetzt sehr rasch der dazu gehörige "Park- und
Festplatz" neu gestaltet werden
Damit bietet sich hier die einmalige Chance, in neuer Weise
und am authentischen Ort an die Bedeutung des Johannisberges als des
exponierten Ortes für den "Einsatz" ausländischer Zwangsarbeiter in
Bielefeld während des 2. Weltkrieges zu erinnern.
Wir schlagen deshalb vor, im Rahmen der aktuellen
Umgestaltungsvorhaben das gesamte Areal und den Ort des Lagers "Bethlehem"
durch eine künstlerische Gestaltung aufzuwerten und so Interesse an den Ereignissen zu wecken, die dort zwischen
1942 und 1945 geschehen sind. Über die bloße Informationsvermittlung hinaus
kann die symbolische Auseinandersetzung mit
den Mitteln der Kunst neue Möglichkeiten zu Aneignung und Vermittlung
schaffen.
In einem weiteren Schritt sollen das geplante
Informationszentrum an der Dornberger Straße und die Text/Bild-Stelen des vorgesehenen Panoramapfades ergänzende
Informationen zur Geschichte der beiden Zwangsarbeiterlager, zu den
Lebensbedingungen dort und den Reaktionen der Bielefelder bieten und mit
Bildern, Texten und Objekten veranschaulichen.
Vorschlag für den
"Park- und Festplatz"
Unser Vorschlag für die Gestaltung dieses Platzes hat zwei
Elemente
1. Die Landschaftsskulptur "Unter Zwang"
Diese Landschaftsskulptur markiert mit künstlerischen
Mitteln einen Abschnitt der ehemaligen Lagerbegrenzung durch die Aufreihung
von Bäumen, welche durch eine starke Betonplatte in ihrer Entfaltung eingeschränkt sind. Sie schafft damit auch
ein Symbol für den Zwang, dem die überwiegend jungen Menschen, die hierher
verschleppt wurden, unterworfen waren, für einen Zwang, der ihre ganze
Existenz in dieser Zeit (und fortwirkend
auch in ihrem späteren Leben) bestimmte und eine einschneidende Einschränkung
ihrer Entwicklungsmöglichkeiten
bedeutete.
2. Kennzeichnung
des Ortes einer der Lagerbaracken
Der Hauptbereich des ehemaligen Lagers soll die Gestalt
einer "Multifunktionalen Lichtung" mit Schotterrasenfläche erhalten,
also farblich als Grünfläche akzentuiert werden. Es bietet sich an, auf dieser
Fläche die Grundfläche eines der vielen Barackenbauten auf dem Platz durch eine
nach Farbe und Material von der Schotterrasenfläche sich abhebende Gestaltung
sichtbar zu machen. Als Orientierungspunkt dienen die im Stadtarchiv aufbewahrten Planzeichnungen für
das Lager mit genauen Angaben über Maße und Ort der Baracken (Maße 12,50m x
42,50m bzw. 12,50m x 36,25m). Laut Beschluss des Ausschusses für Umwelt und
Stadtentwicklung vom 29.9.2009 soll die Markierung durch ein 30 cm breites
Cortenstahlband erfolgen. Für die von der Markierung eingeschlossene Fläche
soll ein dunklerer Schotter als auf der übrigen Fläche verwendet werden.
Beide vorgeschlagenen Elemente sind große, einfache und von
allen Seiten her wahrnehmbare
Strukturen, die sich zugleich gut in die bereits vorliegende Planung einfügen.
Begründung des Vorschlags
Die Debatte um die "Entschädigung" ehemaliger Zwangsarbeiter
und die intensive Forschungsarbeit im letzten Jahrzehnt haben das Bewusstsein
über Bedeutung und Umfang der Zwangsarbeit im nationalsozialistischen
Deutschland geschärft. Allein für das heutige Stadtgebiet Bielefelds gibt Dr.
Kühne die Zahl von mindestens 227 Lagern für zivile Zwangsarbeiter und
Kriegsgefangene an. Auch hier hat es in dieser Zeit viele Initiativen zum Thema
"Zwangsarbeit" gegeben und es sind erstmals in größerem Umfang
Kontakte zu ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern geknüpft
worden. Das Lager "Bethlehem" ist der Ort in Bielefeld, der am
stärksten für die Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus steht.
Deshalb sollte die Chance, die sich mit der Neugestaltung des Platzes ergibt,
genützt werden, diese Bedeutung des Platzes in neuer Weise zum Ausdruck zu
bringen.
Bisher war der Platz einfach eine "Leerstelle".
Mit den jetzt geplanten Maßnahmen wird er dagegen neu gestaltet und überformt
(Nutzung für den Klettergartenbetrieb, Schotterrasenfläche, ausgewiesene
Parkflächen, neue Straßenführung entlang des Platzes, Baumreihe zwischen Straße
und Schotterrasen). Damit stellt sich
die Aufgabe bei der Neugestaltung des Platzes eine Form zu finden, welche die
ehemalige Nutzung dieses Platzes sichtbar macht. Zugleich bietet sich jetzt die
Möglichkeit, eine stimmige Gesamtplanung zu entwickeln.
Die Form der Erinnerung sollte sich nicht einfach auf die
Weitergabe von Information beschränken. Es kann auch nicht um eine
naturalistische Rekonstruktion des Lagers bzw. des Lagergeschehens gehen. Wir
schlagen vielmehr vor, künstlerische Ausdrucksformen zu nutzen und hier ein
Symbol zu schaffen, das eine eigene Kraft entwickelt. Auf diese Weise kann es
auch in Zukunft gelingen, Anstoß zum Nach-Denken zu geben und das Interesse an einer Auseinandersetzung mit dem
Thema Zwangsarbeit immer wieder neu zu wecken.
Mit der Um- und Neugestaltung des Johannisbergs ist damit zu
rechnen, dass die Zahl der Besucher und Passanten zunehmen wird. Auch das
spricht dafür, neue Formen zu suchen, um diese anzusprechen.
Eine sinnvolle Ergänzung dieser Zeichen des Gedenkens sind
Informationsangebote, die mit verschiedenen Medien gestaltet werden können.
Dafür eignen sich gut das am Rande des Park- und Festplatzes vorgesehene
Informationszentrum und der für den Panoramapark Johannisberg geplante Panoramapfad.