Webwecker Bielefeld: mai200303

Geschichte des 1. Mai in Bielefeld (Teil 2)



In den folgenden Jahren formierten sich die Gewerkschaften als Einheitsgewerkschaften, zumeist unter dem Dach des DGB. Vorbei war es mit den politischen Richtungsgewerkschaften der Weimarer Republik. Der Nationalsozialismus war immer wieder Thema auf der ersten Maikundgebungen. Der Kölner Gewerkschafter Rudolf Möller Dostal sprach 1948 vor 8000 DemonstrantInnen vor dem Alten Rathaus: »Schon heute regen sich wieder Kräfte, um die jungen demokratischen Ansätze in Deutschland zu zerstören. Diese Kräfte dürfen nicht wieder zum Aufstieg kommen.« Doch tatsächlich wurde auch bei den Gewerkschaften viel »mit dem Mantel der Liebe« zugedeckt. Die Funktionäre wurden auf eine mögliche NS-Vergangenheit abgeklopft, doch in den Betrieben selbst wurde nicht viel unternommen.

Der 1. Mai zwischen 1947 und der Mitte der 50er Jahre war ein echter Demonstrationstag mit Kapellen, roten Transparenten und Wimpeln. Es herrschte Aufbruchstimmung. Es ging für die ArbeiterInnen darum, eigene Rechte in der noch jungen Republik einzufordern. In Stadtteilen wie Hillegossen, Heepen oder Sieker gab es Maidemonstrationen, viele ArbeiterInnen trafen sich vor ihren Betrieben, um von dort aus zum Rathausplatz zu ziehen. Im industriell geprägten Brackwede hielten sich bis in die 70er Jahre eigene Maiveranstaltungen. Die zentrale Kundgebung vor dem Rathaus wurde schon als nicht mehr als besonders gelungen angesehen, wenn nicht 15.000 Menschen teilnahmen.

Maidemonstrationen dieser Jahre waren auch Ausdruck turbulenter ArbeiterInnenkämpfe. Im März 1946 hungerstreikten 7000 Bielefelder ArbeiterInnen gegen den Hunger. Ein »Sonderbeauftragter für Ernährungsfragen« wurde daraufhin von der britischen Verwaltung in Bielefeld eingestellt. 1952 folgte die Auseinandersetzung um betriebliche Mitbestimmung. Ein Entwurf der CDU-Regierung mobilisierte am 20. Mai 1952 in Bielefeld 50.000 Menschen. Sie protestierten und forderten »echte, gleichberechtigte Mitbestimmung«, die sie im CDU-Entwurf nicht sahen. Es war der letzte Kampf der Gewerkschaften um eine Vergesellschaftung der Industrie. Der DGB jedoch lenkte ein und akzeptierte den CDU-Regierungsentwurf.

Als der Wohlstand kam, nahm die Begeisterung für den 1. Mai ab. Bereits Ende der 50er Jahre überlegten erste GewerkschafterInnen in Bielefeld, die Maiveranstaltungen nicht mehr auf der Straße, sondern in geschlossenen Sälen durchzuführen. Eine Diskussion, die sich durch die nächsten Jahrzehnte zog. »„Kampf dem Atomtod« und die Notstandsgesetze waren außertarifliche Themen, die die 1. Mai Demonstrationen der 60er Jahre mitbewegten.