Webwecker Bielefeld: Tisch02

Tischlein deck dich! (Teil 2)



Der ›Tisch‹ erhält von der Stadt einen jährlichen Betriebskostenzuschuss. Ansonsten funktioniert er ausschließlich auf der Grundlage von Spenden. Die Mitarbeiter sind ehrenamtlich beim ›Tisch‹. Ingesamt circa 40, die sich abwechseln und Aufgaben vom Küchendienst bis zur Öffentlichkeitsarbeit übernehmen. Bei der Gründung 1996 kamen die Mitarbeiter noch ausschließlich aus einem christlich motivierten Spektrum, inzwischen arbeiten auch einige ehemalige Besucher mit. Einzige Voraussetzungen seitens des Hauses: Sie müssen zuverlässig sein und dürfen keine Alkoholprobleme haben. Doch obwohl keine Personalkosten entstehen, müssen einige Waren wie Kaffee und Putzmittel zugekauft, die Miete überwiesen und Strom und Heizung bezahlt werden. Das verklinkerte Haus, dass unscheinbar in der zweiten Reihe an der Heeperstraße steht, gehört der Stadt Bielefeld.

Zuvor war der ›Tisch‹ in Räumen der ehemaligen Kamphofschule in der Sudbrackstraße untergebracht, einem ebenfalls städtischen Gebäude. Dort musste der ›Tisch‹ Ende 2001 ausziehen, weil Miele dort Parkplätze bauen wollte. Die sind inzwischen im Bau, bis Ende Mai 2002 passierte dort allerdings wenig. »Wir hätten auch bis Ende Mai dort bleiben können. Das hätte uns viele Kosten erspart«, klagt Schuster. Die ehemalige Glaserei an der Heeperstraße musste erst den Bedürfnissen des Vereins angepasst werden: Wände wurden eingezogen, zusätzliche Fenster eingebaut, ein behindertengerechtes Klo und Küche installiert. Da enormer Zeitdruck bestand, konnte der ›Tisch‹ die Umbauten nicht auf ehrenamtlicher Basis vornehmen, Firmen mussten beauftragt werden. Hätte der ›Tisch‹ noch bis Ende Mai an der Sudbrackstraße bleiben können, hätten die Arbeiten weitestgehend aus dem Mitarbeiterkreis des Tisches erledigt werden können. So sitzt der ›Tisch‹ im Moment auf 23.000 Euro Schulden. Geld, das die Stadt vorgestreckt hat, um die Handwerker zu bezahlen und das sie wieder haben will. »Wir sind in keiner akuten Notlage, freuen uns aber über jede Spende«, sagt Schuster.

Nach dem Essen sitzen viele Besucher auf dem Hof. Hier kann im Gegensatz zu den Räumen geraucht werden. Auf dem Hof steht auch ein Container, der als Kleiderkammer dient. Ein rot-weißes Band trennt die noch nicht vollkommenen Blumenbeete vom Publikum ab. Wenn Schuster über den Hof geht, sprechen ihn viele Leute freundlich an. Man merkt, hier herrscht eine geordnete, aber entspannte Atmosphäre. Der »seelische Mülleimer« in Person nimmt sich Zeit für Alltagserzählungen, aufmunternde Worte oder auch Kritik. Schuster versteht sich als »Christ der Tat«. Dies werde von den Besuchern anerkannt, auch von denen, die keinen christlichen Hintergrund hätten. Irgendwann während der Mahlzeit werde eine kleine Ansprache gehalten. Heute redet ein Mitarbeiter der Heilsarmee, der regelmäßig kommt. Er spricht von Gott, und während er spricht, herrscht Ruhe. »Wir arbeiten hier aber ohne aggressive Missionierungsversuche«, betont Schuster. Er ist jedoch davon überzeugt, dass der Glaube an Gott schon vielen geholfen habe, vom Alkohol los zu kommen.

Der ›Bielefelder Tisch‹ ist in Zeiten, die sozial immer härter werden, für viele Mittellose ein fester Anlauf- und Treffpunkt geworden. Dass dieses Angebot augenscheinlich gut funktioniert, ist positiv. Andererseits ist es bitter, dass in einer an sich reichen Gesellschaft überhaupt soviele Menschen unter Bedingungen leben müssen, die ihnen nicht einmal mehr selbstverständlich Essen und Kleidung garantieren.

›Bielefelder Tisch‹, Heeper Str. 121, 33607 Bielefeld, Tel.: 0521-330872
Kontakt: rrs.bi@gmx.de
Internet: www.bielefelder-tisch.de
Spenden: Sparkasse Bielefeld, BLZ 480 501 61, Kto.-Nr. 272 255 64