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»Verarmungsprogramm für Erwerbslose« (03.03.2004)



Martin Künkler
Martin Künkler: Ausbildungsabgabe ist grundsätzlich richtig



Martin Künkler ist politischer Referent bei der ›Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen‹. Die Koordinierungsstelle arbeitet als Stelle für Arbeitslose in den Gewerkschaften. Mitte März zieht die sie von Bielefeld nach Berlin um.













Interview: Manfred Horn

WebWecker: Der neue Name ›Bundesagentur für Arbeit‹ sollte zeigen: Hier bewegt sich was, Dienstleistung wird zukünftig groß geschrieben. Doch macht die Bundesagentur andere Schlagzeilen: Erst die Entlassung Florian Gersters wegen zwielichtiger Berateraufträge und jetzt der Skandal um die Internetplattform, virtueller Arbeitsmarkt genannt.

Martin Künkler: Das ist für Erwerbslose eine bittere Sache. Sie erfahren steigenden Druck, sind konfrontiert mit einer Vielzahl von Leistungskürzungen die beschlossen wurden. Und auf der anderen Seite schmeißt die Führungsetage Geld zum Fenster raus. Uns ärgert auch, dass die Bundesagentur mit neuem Namen, neuem Image und bunten Bildern im Internet versucht, den Eindruck zu erwecken, sie würden etwas tun können am Arbeitsmarkt. Tatsächlich ist der Arbeitsmarkt katastrophal. In Bielefeld kommen 23 Arbeitslose auf eine offene Stelle.


Es sind also nicht die Arbeitslosen, die keine Stellen finden?

Es ist ein strukturelles Problem, dass geschätzt 7,5 Millionen Erwerbsarbeitsplätze in Deutschland fehlen. Weder die vorgeblich faulen Arbeitslosen sind schuld noch die Bundesagentur für Arbeit. Wenn Arbeitsplätze fehlen, kann auch nicht vermittelt werden.


Ein Aspekt des Hartz-Konzepts sind die Personalservice-Agenturen. Gerade wurde die Insolvenz des größten Anbieters gemeldet. Ist das Instrument Personalservice-Agentur unwirksam?

Unsere Trauer über die Pleite von Maatwerk hat sich in Grenzen gehalten. Maatwerk war nicht nur ein großer Betreiber von Personalservice-Agenturen, sondern auch eine kommerzielle Leiharbeitsfirma. Wir sagen: Personalservice-Agentur Beschäftigung ist ein sehr problematisches Mittel. Wir lehnen es sogar ab. Leiharbeit schafft keine zusätzliche Arbeit. Letztlich kommt es zur Verdrängung regulär Beschäftigter. Arbeitsvermittlung mittels der Personalservice-Agenturen sorgt zusätzlich für Mobilitätsdruck nach unten. Menschen, die durch die Personalservice-Agenturen beschäftigt werden, sind überwiegend sehr hoch qualifiziert. Zwei Drittel haben mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Jobs, die Agenturen anbieten, sind aber überwiegend Hilfsarbeiterjobs. Über Personalservice-Agenturen werden gut qualifizierte Arbeitslose gezwungen, Hilfsarbeiterjobs anzunehmen. Dadurch werden erworbene Qualifikationen entwertet und vernichtet.