Webwecker Bielefeld: Jesus01

Für eine Hand voll Nägel



Von Harald Manninga



Nein, zimperlich ist er wirklich nicht, dieser Mel Gibson. Was er dem Kinogänger da in der Vorosterzeit vorsetzt, das ist schon reichlich starker Tobak. Aber was will man von Mel-Gibson-Filmen auch erwarten, selbst wenn er nicht mitspielt? Zumindest zeigt er mal was anderes als diese immer gleichen süßlichen Jesulein-Schinken, die man um Ostern herum z.B. im Fernsehen vorgesetzt kriegt, das ist wahr. Aber damit hat sichs auch schon, viel was Positiveres läßt sich von Mel Gibsons Werk nicht sagen. Und das ist denn doch ein bißchen wenig an Positivem. Sagen wir so: Das Buch war besser!


Die Story ist bekannt: Nachdem er ein paar Jahre durch Judäa gewandert ist und seine Predigt aufgesagt hat, wird Jesus im Garten Gethsemane festgenommen, von einem lokalen Würdenträger zum andern zur Aburteilung weitergereicht und stirbt schließlich am Kreuz. Gibsons Film konzentriert sich auf die letzten 12 Stunden des Lebens Jesu, hin und wieder gibt es Flashbacks zum »Letzten Abendmahl« oder zum kleinen Jesus, der über eine Treppe stolpert und von Mammi getröstet wird, außerdem stirbt Judas Ischarioth schön theatralisch durch eigene Hand, indem er sich an einen Baum hängt. Großaufnahme auf den halbverwesten Kadaver eines Esels. Schnitt. Weiter mit Mad Kaiphas, dem Vollstrecker.


Nein, aber ehrlich: Das ist ein Splatter-Movie, der Leute ins Kino ziehen soll, die sonst schon aus Prinzip nicht in Splatter-Movies reingingen. Und wirklich nichts weiter. Schon innerhalb der ersten Viertelstunde wird Jesus von seinen Häschern so zugerichtet, dass er blutüberströmt vor Herodes steht und das verquollene rechte Auge nicht mehr aufbekommt. Und das ist erst der Anfang. Weiter gehts mit Auspeitschungen, Ohrfeigen, Anspuckungen, Verhöhnungen, Vonderstadtmauerwerfungen und was der Dinge mehr sind, die man sich so an Folter vorstellen kann. Etwa zur Hälfte des Films hängt Jesus die Haut in Fetzen vom Balg (immerhin: Hut ab vor den Maskenbildnern!), und dann ists noch lange nicht vorbei, denn ans Kreuz muss der Kerl ja auch noch.


Für irgendwelchen »künstlerischen« Effekt hat Gibson das Ganze hauptsächlich in warmen Bräunlichtönen gehalten, besondere Dramatik kündigt ihr Passt-auf-das-ist-jetzt-Wichtig durch Zeitlupeneinstellungen an, und für die wirklich Intellektuellen unter uns sprechen die Akteure Aramäisch (Judäer) oder Latein (Römer). Mutter Maria zitiert gar einmal in gutem Hebräisch die jüdische Pessah-Liturgie. Wer dem nicht folgen kann, der hat dann immerhin noch die Untertitel, aber das stört gar nicht, es wird eh nicht viel gesprochen, und zudem ist man manchmal wohl auch ganz froh, die Augen von diesem nichtendenwollenden Gemetzel auszuruhen und sich zwischendurch mal was zum Lesen hernehmen zu können. Vom überkandidelten Chargieren der Akteure mit ihren grimmigen Gesichtern und schlechten Zähnen in ungewaschenen Mündern redet man besser gar nicht erst.


Dass über diesem Film der Name Christus steht, ist offenbar nicht viel mehr als ein Marketingtrick, um, wie gesagt, Leute ins Kino zu locken, die sonst mit sowas nichts anfangen können oder wollen. Und er funktioniert auch, wie man sieht: Alle reden drüber, Jesus und/oder Christus, das zieht eben, schon weil es für eine ziemlich große Zahl von Menschen quasi zum Pflichtprogramm gehört, sich das anzusehen. Und grade an Ostern! (Ursprünglich war der deutsche Start erst für Gründonnerstag geplant.) Dazu noch ein paar geschickt lancierte Geschichtchen über Mel Gibsons irisch-katholischen Fundamentalismus und eine ordentliche Prise Unterstellungen in Sachen »Antisemitismus«, an denen sich die für religiösen Fanatismus gerade sehr sensiblen Zeitläufte abarbeiten können...


Dabei ist dieser Film wirklich keiner weiteren Rede wert, nicht künstlerisch, nicht aufgrund irgendwelcher religiöser »Botschaft«, er ist nicht einmal ein brauchbarer Splatter-Movie. Warum also noch weiterschreiben? - OK, ist ja schon Schluss.