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»Wir wollen Probleme lösen« (Teil 2)



Die Wahlbeteiligung war niedrig. Wird der Migrationsrat nicht ernst genommen?

Verglichen zu der vorangegangenen Wahl haben wir einen leichten Zuwachs gehabt. Aber 10,1 Prozent Beteiligung ist gering. Die Gründe? Man könnte die Migrantenbevölkerung nicht vollkommen überzeugen, dass der Migrationsrat auch etwas bewirken kann. Da hätte sich der Migrationsrat besser darstellen zu können. Einige sind auch grundsätzlich frustriert, weil sie von der Politik nichts erwarten. Aber es fehlt auch an Mitteln, die Wahl publik zu machen und die Menschen zur Wahl zu mobilisieren.


Wie ist denn die Zusammenarbeit im Migrationsrat auf dem Hintergrund, dass sich viele zur Wahl angetretenen Listen ethnisch oder national definieren?

In der konkreten Arbeit des bisherigen Ausländerbeirats ist das nie zum Tragen gekommen. Wenn es um Sachthemen geht, spielen ethnische Verortungen keine Rolle mehr. Dann haben die Eltern aus Polen oder Marokko die gleichen Probleme wie die türkischen: Alle wollen die Schulerfolge ihrer Kinder verbessern. Wenn man die gleichen Probleme hat und diese thematisiert, beispielsweise auch die hohe Arbeitslosigkeit unter Migranten, dann spielt die Herkunft keine Rolle mehr.


In Deutschland läuft zum wiederholten Mal eine Debatte um Leitkultur, Multikulti und islamische Gefahr. Positioniert sich der Migrationsrat dazu?

Der Migrationsrat kann zu allen migrantenspezifischen Themen Stellung beziehen. Eine Hauptaufgabe des Migrationsrates ist die Integration der nicht-deutschen Bevölkerung, aber auch Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Migranten abzubauen. Wir haben in Bielefeld seit Jahrzehnten eine große islamische Minderheit. Ich weiß aber von keinen Spannungen in der Vergangenheit. Trotz der ethnischen und kulturellen Heterogenität haben wir in Bielefeld ein sehr positives Klima.


Spätestens seit dem 11. September 2001 sind Islam und Menschen, die islamisch glauben, immer wieder mediales Thema.

Nach dem 11. September sind einige in die Tendenz verfallen, alle Muslime als Gefahr darzustellen, zu verallgemeinern. Die meisten Muslime haben mit den Geschehnissen aber überhaupt nichts zu tun, werden aber trotzdem dazu gedrängt, sich zu rechtfertigen. Die Debatte kommt eigentlich den Leuten ganz passend, die sowieso schon Vorurteile hatten. Unter dem Deckmantel 11. September werden in dieser Debatte ausländerfeindliche Meinungen frei geäußert und gefährliche Vorurteile geschürt. Es ist schade, dass die ganze Diskussion zudem noch von den Medien emotionalisiert wird.


Bei der Migrationsratwahl ist mir aufgefallen, dass ich nichts weiß über die Listen, die dort angetreten sind. Sie haben für die Aktive Liste kandidiert. Wofür steht diese Liste?

Die Aktive Liste besteht überwiegend aus türkischstämmigen Kandidaten, von denen fünf Vertreter gewählt wurden. Damit ist die Aktive Liste die stärkste Gruppe im Migrationsrat. Die Aktive Liste wurde von vielen Vereinen unterstützt. Die Kandidaten waren zum Teil Akademiker, Geschäftsleute oder Studenten mit einem breiten Umfeld, die schon länger in der Migrationsarbeit tätig sind. Die ersten vier gewählten Kandidaten waren schon im vorherigen Ausländerbeirat. Wir gehören keiner bestimmten politischen Richtung an. Vielmehr haben sich Personen zusammengesetzt, die denken, dass sie genug Kompetenz und Erfahrung mitbringen, um migrantenspezifische Problemlagen zu erkennen und sie politisch zu formulieren.