Webwecker Bielefeld: Spiel01

Computer- statt Scherenschnitt?



Wieviel Bildung verträgt ein Kindergarten? Nach PISA werden die Drei bis Fünf- Jährigen als Zielgruppe für erste Bildungsmaßnahmen entdeckt. Die Stadt Bielefeld hat für ihre Einrichtungen jetzt einen Leitfaden entwickelt, in dem es allerdings nicht um Wissensvermittlung, sondern um »Erfahrungslernen« geht.


Die öffentliche Wahrnehmung von Bildung ist seit der PISA-Studie gestiegen. Obwohl diese sich gar nicht mit dem Kindergartenbereich beschäftigte, werden seit Anfang 2002 die Rufe nach einer Reform der Kindergärten und Kindertageseinrichtungen lauter. »Wir müssen uns von alten Bewahrungsgedanken verabschieden und die Kindergärten endlich als wichtige Bildungsinstitutionen begreifen«, sagt Gerd Elmar Schäfer, Bildungswissenschaftler der Uni Köln. »Ich bin sehr dafür, dass man Kindern mehr Angebote macht im Kindergarten, denn sie sind dort permanent unterfordert«. Frühkindliche Bildung sei primär ästhetische Bildung, heißt es in einem fachpolitischen Papier des NRW- Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit. Sie sei als Erschließung von Wirklichkeit zu begreifen, die Kinder nicht mit Antworten über die Wirklichkeit voll stopfe, sondern ihre Interessen- und Fragemöglichkeiten erweitere, steht in dem Papier weiter.


›Richtige‹ geistige Nahrung schon für die drei bis fünf Jährigen? Die Stadt Bielefeld hat jetzt einen Leitfaden zur »Umsetzung des Bildungsauftrages in den kommunalen Kindertageseinrichtungen«veröffentlicht. Erstellt wurde dieser durch die städtischen Kindertagsstätten selbst. Das Heft beschreibt 13 Bereiche, an denen sich die städtischen Kindereinrichtungen zukünftig orientieren sollen. Im Bereich Medien beispielsweise wird festgehalten, dass Medienbildung/ -erziehung für die Arbeit der Kindertageseinrichtungen immer bedeutsamer werde und der Einsatz von Computer und Gameboy vorgeschlagen. Im Bildungsbereich Gesellschaft/ Politik sollen Ämter, Behörden, Gremien kennengelernt werden, Kinder etwas über Menschenrechte und Zivilcourage erfahren.

»Wie Betreuung im Kindergarten aussehen soll, darüber gibt es präzise Vorstellungen. Mit dem Konzept formulieren wir jetzt auch klare Vorstellungen darüber wie Bildung aussieht«, sagt Burkhard Hintzsche, Bielefelder Sozialdezernent gegenüber dem ›Webwecker‹. Er betont aber, dass es sich bei dem Konzept um keinen Lehrplan handele. Zwar müssten die Kinder mit allen 13 Feldern in Kontakt kommen, allerdings je nach Entwicklungsstand verteilt auf die gesamte Kindergartenzeit. Dabei gehe es nicht um Wissensvermittlung im schulischen Sinn, sondern darum, die Kinder zu interessieren. Mit dem Konzept will sich die Stadt auch gegenüber anderen Trägern positionieren: »Die Eltern sollen wissen, wie in unseren Einrichtungen Bildung aussieht«, sagt Hintzsche. Diese Form von Qualitätsmanagement sei wichtig, da ab 2007 auf Grund der sinkenden Kinderzahl größere Wahlmöglichkeiten für die Eltern bestehen, in welche Kindertagesstätte sie ihr Kind schicken.

Die Berichterstattung in der ›Neuen Westfälischen‹ vom 10. September über den Leitfaden indes sorgte für einige Irritation. Dort wird Schuldezernent Albrecht Pohle mit den Worten zitiert, viele der über 300 ErzieherInnen in den städtischen Einrichtungen seien kaum dafür ausgebildet, Lerninhalte zu vermitteln. Hintzsche korrigiert: Das Zitat sei in den falschen Kontext gestellt worden. Keinesfalls bezweifle man die Kompetenz der städtischen Kindertagesstätten, dass von ihnen selbst erarbeitete Konzept auch umzusetzen. Die Aussage beziehe sich auf die Bildungsdiskussion, die in den vergangenen Monaten nach PISA losgegangen sei. Sollte in Folge dessen ein umfassenderer Bildungsauftrag für Kindergärten formuliert werden, dann müsste die Ausbildung der ErzieherInnen auch entsprechend angepasst werden, erklärt Hintzsche.