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Demonstration herkömmlicher Art (Teil 2)



Seitdem seien extrem rechte Weltanschauungen wieder zu einer gespenstischen Normalität geworden, so die Diagnose Buntenbachs über die Verfassung der deutschen Gesellschaft. «Damit meine ich jetzt nicht die Stehmanns und Elbings, deren Normalität hält sich in Grenzen«, fügte sie mit Blick auf die beiden Führungspersönlichkeiten der regionalen und auch überregionalen Neonaziszene hinzu. »Wenn von »deutscher Leitkultur« die Rede ist, der Staatsgast Berlusconi auf einer Berliner Pressekonferenz weitgehend unwidersprochen von der »Überlegenheit westlicher Zivilisation« spricht oder ein CDU-Generalsekretär die Neonaziparole »Ich bin stolz Deutscher zu sein« übernimmt, trägt das zur Normalisierung extrem rechter Weltanschauungen bei und das baut ihnen eine Brücke in die Mitte der Gesellschaft«, präzisierte Buntenbach ihre Zustandsbeschreibung der bundesdeutschen politischen Landschaft.

»Neonazis verstehen sich als militante Speerspitze des Stammtischs«, beschrieb sie die Selbsteinschätzung der Rechtsextremen, deren Opfer meist Menschen seien, die auch von der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Die meisten der etwa 130 Morde mit rechtsradikalem Hintergrund seit der Wiedervereinigung seien an Obdachlosen, Migranten und Menschen mit bunten Haaren verübt worden. »Wir brauchen keine Toleranz gegenüber Ausgegrenzten sondern ein Miteinander auf gleicher Augenhöhe«, forderte sie. Antifaschistinnen und Antifaschisten forderte sie auf sich mit den sozialen Bewegungen, der Friedensbewegung oder den globalisierungskritischen Gruppen zu vernetzen, um mit mehr Menschen gegen den »Postmeister« zu demonstrieren und gemeinsam für ein solidarisches und emanzipatives Gesellschaftsmodell zu streiten.

Dass dieses Miteinander zum Erfolg führen kann, zeigte der Konflikt um das Zentrum der inzwischen verbotenen »Nationalistischen Front« an der Bleichstraße in den 80er Jahren. Auch damals war es ein breites Bündnis gewesen, das dazu beitrug, die Neonazis aus ihrem Haus zu vertreiben, obwohl dieses mit Meinolf Schönborn einem der Mitglieder der Organisation gehörte. Das Zentrum in der Bleichstraße war vor seiner Schließung auch Thema im Rat. Auch bei Vorgängerlokal des »Postmeister«, dem von Neonazis wie der »Postmeister« nach SA-Tradition »Sturmkneipe« genannten Andreaskrug in Schildesche, war es ein breites Bündnis, das auch Sportvereine und Geschäftsleute umfasste, das die Nazis aus dem Lokal vertrieb.

Auch ein Redner der Antifa-West erinnerte bei der Kundgebung auf dem Kesselbrink an die Auseinandersetzungen der 80er Jahre um Treffpunkte für Rechtsradikale. Damals hätte öffentlicher Druck auf die jeweiligen Vermieter dafür gesorgt, dass ein Nazitreff in Bielefeld und einer in Steinhagen geschlossen wurden. Das Nachfolgeprojekt Bleichstraße sei auch daran gescheitert, so der Redner, dass die ständige Präsenz von Antifaschistinnen und Antifaschisten verdeutlicht habe, dass es nicht normal sei, in solche Treffpunkte zu gehen. Dadurch sei den Mannen um Schönborn die Nachwuchsrekrutierung erschwert worden. Die ist eine der Aufgabe von »Sturmkneipen«. Der Redner mahnte aber auch, dass solche Lokale in den Neuen Bundesländern die Ausgangspunkte für so genannte »National Befreite Zonen« seien, die für Menschen, die nicht ins rechtsextreme Weltbild passen »No-Go- Areas« sind.