Relativ bald nach Gründung des Hauses begann auch die gezielte Arbeit mit LehrerInnen und SchülerInnen mit thematischen Wochen. So gab es beispielsweise Mitte der 1980er Jahre ein Woche zu »Politischen Flüchtlingen in der BRD«. Dazu wurden Begegnungen mit Asylsuchenden, Referate und ein Stadtspiel geboten, bei dem die SchülerInnen die Stationen besuchten, die auch AsylbewerberInnen durchlaufen müssen. Aus solchen Angeboten entwickelte sich die Mediothek und die heute äußerst beliebten Bildungsprogramme. Mein Lieblingstitel dabei ist immer noch »Wo wächst die Schokolade?«. Mit Unterrichtseinheiten, dem »Atlas der Weltverwicklungen«, entwicklungspolitischen Spielen und Aktionskoffern stieß das Welthaus in eine echte Marktlücke und wurde überregional bekannt.
Diskussionen mit LeidenschaftDie interne Organisation des Hauses war zu Anfang stark von basisdemokratischen Strukturen geprägt, alle konnten in der vierzehntägigen Hausversammlungen mitreden. Es wurde in wechselnder Zusammensetzung viel, lang und mit Leidenschaft diskutiert. Der Vereinsvorstand spielte, abgesehen von der Vertretung nach außen, eine untergeordnete Rolle. Dazu kamen wöchentliche MitarbeiterInnenbesprechungen, die mit der wachsenden Zahl der Hauptamtlichen und damit Aufgabenbereiche zu echten Marathonsitzungen wurden. Das waren nicht immer einfache Zeiten, aber alle haben eine Menge gelernt in dieser Zeit. Mit externer Hilfe wurde 1989 ein neues Modell beschlossen, ein Hausgremium mit jeweils zwei gewählten Mitgliedern aus jeder Gruppe und zwei MitarbeitervertreterInnen. Aus dem Kreis der Hauptamtlichen wurden drei GeschäftsführerInnen gewählt. Auch diese Struktur ist inzwischen längst Geschichte.
Viele Konflikte konnten auf zufriedenstellende Weise gelöst werden, aber manch wichtiger nicht. Dazu gehörte die Auseinandersetzung um die Quotierung von Stellen. Als eine neue Stelle entgegen den Vereinbarungen nicht mit einer Frau besetzt werden sollte, war das Maß voll. Das kam zu einem heftigen Eklat, der Gründung einer Frauengruppe im Haus und letztlich zum endgültigen Auszug mehrerer aktiver Frauen.
Zur Arbeitsorganisation und Technik gibt es auch einiges zu sagen. Arbeitsteilung galt in der Anfangszeit als unchic, alles was nach vertikaler Arbeitsteilung aussah war verpönt. Also galt es nicht nur zum Beispiel zu recherchieren und einen Rundbrief zu schreiben, selbstverständlich musste er auch selbst eingetütet werden und zur Post getragen werden, zwischendurch wurde noch schnell Klo oder Küche geputzt. Das hatte zwar einen gewissen Charme, war aber nicht immer sehr effektiv.
Blechplatte gegen StrahlungJa und die Technik. Was jüngeren LeserInnen bare Selbstverständlichkeit ist, nämlich leistungsfähige Computer, gab es zu Anfang der Welthaus-Zeit noch nicht. Schreibmaschine war angesagt immerhin schon elektrisch. Korrekturflüssigkeit wurde reichlich gebraucht und Layout fand mit Schere und Klebstoff statt. Erster Fortschritt war eine gebrauchte Kugelkopfschreibmaschine eines bekannten deutschen Herstellers, zum Glück mit Wartungsvertrag erworben. Der Techniker, der bald im Schnitt alle 14 Tage zum Reparieren kam, war nett und trank gern mit uns Kaffee. Nach nicht ganz einem Jahr nahm die Firma die Maschine bereitwillig zurück und erstattete den Kaufpreis.
Die nächste Maschinengeneration mit 30 Zeichen-Display war dann ein echter Technologiesprung, aufgerüstet konnte man kurze Texte sogar speichern und mit einiger Geduld auch wieder abrufen. Die Anschaffung des ersten »echten« Computers war dann keineswegs unumstritten. Ein misstrauischer Kollege fertigte eine dicke Blechplatte mit kleinem Sehschlitz für den Monitor wegen der Strahlung. Er hatte bei den damaligen Werten gar nicht so unrecht.