So genanntes »Separatorenfleisch« muss auch dann
gekennzeichnet werden, wenn es mit weniger Druck als üblich vom Knochen gelöst
wird. Das entschied in der vergangenen Woche das Verwaltungsgericht Minden. »Separatorenfleisch« ist Restfleisch, das von Knochen gewonnen wird, indem
diese unter hohem Druck durch ein Filtersystem gepresst werden. Normalerweise
wird dabei Druck von teilweise weit über 100 bar angewandt.
Nach EU-Verordnungen und der deutschen
Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung muss das dabei entstehende Produkt
eindeutig gekennzeichnet sein. Ist es das nicht, könnte der Abnehmer über die
Beschaffenheit und Art der Herstellung des Produktes getäuscht werden,
urteilten die Mindener Richter. »Denn beim Erwerber könne die irreführende
Vorstellung hervorgerufen werden, dass es sich nicht um »Separatorenfleisch«,
sondern um ein andersartiges, höherwertiges Fleischerzeugnis handele«, urteilte
die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts.
Es lehnte damit einen Eilantrag eines fleischproduzierenden
Betriebs im Kreis Gütersloh ab. Der arbeitet bei der Trennung von Muskelgewebe
und Knochen mit nur 30 bis 60 bar. Da die dabei entstehende Matsche eine
Körnung von 3mm aufweise, wollte der Betrieb sie nicht als »Separatorenfleisch«
kennzeichnen und lieferte sie unter allgemeinen Produktbezeichnungen an
weiterverarbeitende Betriebe. Der Eilantrag richtete sich nun gegen eine
Ordnungsverfügung, die ihn dazu verdonnerte das Kind beim Namen zu nennen. Das
für Verbraucher erfreuliche Mindener Urteil ist jedoch noch nicht
rechtskräftig.
»Unangemessene Bezeichnung von Schlachtabfällen«
»Separatorenfleisch« wurde während der BSE-Krise über die
fleischverarbeitende Industrie hinaus bekannt. Da bei der Produktion
Bestandteile von Hirn und Rückenmark in die Masse gelangen können, ist seit dem
Jahr 2000 die Verwendung von Rinder-, Schaf- und Ziegenknochen zur Gewinnung
dieser Zutat für Würste verboten. Im gleichen Jahr wurde »Separatorenfleisch«
als »weiteres Unwort des Jahres« ausgezeichnet. Es handle sich bei dem Begriff
um eine »seriös klingende, bei BSE-Verdacht besonders unangemessene Bezeichnung
von Schlachtabfällen«, urteilte die Jury damals. Auch das Bundesministerium für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit findet die Bezeichnung
offensichtlich nicht ganz passend. »Separatorenfleisch ist ausdrücklich von der
rechtlichen Definition als Fleisch ausgenommen«, heißt es auf der Homepage des
Ministeriums.
Prost Mahlzeit!
Das erfreuliche Urteil des Verwaltungsgerichts Minden zur
Kennzeichnungspflicht für »Separatorenfleisch« kommentiert Mario A.
Sarcletti
Dass eine Pampe, die »ausdrücklich von der rechtlichen
Definition als Fleisch ausgenommen« ist, entsprechend gekennzeichnet werden
muss, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Ist es aber nicht, wie der Fall
beweist, über den jetzt das Verwaltungsgericht Minden entschied. Denn da
besaß ein »Fleischproduzent« nicht nur
die Dreistigkeit gegen die Kennzeichnungspflicht zu verstoßen, nein er hatte
auch die Chuzpe, gegen eine entsprechende Ordnungsverfügung vor Gericht zu
ziehen. Dass das Gericht seinen Eilantrag abwies, stärkt letztlich die
Verbraucherrechte.
Ich könnte jetzt grinsen und sagen: Mir Wurst. Denn ich bin
seit 15 Jahren Vegetarier. Damals hatten für mich vor allem ethische Gründe
gegen den Verzehr von Fleisch gesprochen. Einerseits widerten mich Massentierhaltung
und das damit einhergehende Vollpumpen der Kreaturen mit Medikamenten und
Hormonen an. Andererseits fand ich es obszön, dass in den Entwicklungsländern
Tierfutter für Europa produziert wird, während gleichzeitig nicht genügend
Lebensmittel für die Ernährung der dortigen Bevölkerung auf den Feldern
gedeihen. Hätte ich aber damals vom »Separatorenfleisch« gewusst, wäre meine
Entscheidung erheblich früher gefallen. Denn was ich wohl bis dahin in Würsten
und meinem heißgeliebten Leberkäs so zu mir nahm, verursacht mir auch im
Nachhinein noch Ekel und ein Gefühl der Unsicherheit. Habe ich in meiner Jugend
auch Rinderpampe zu mir genommen?
Das Mindener-Urteil ist erfreulich, aber es reicht nicht.
Zum einen müssen die Verbraucher den profitgierigen Akteuren der Fleischbranche
die Rote Karte zeigen. Oder eben bereit sein einen Preis für Fleisch zu
bezahlen, den sauber produzierte Nahrungsmittel nun einmal haben müssen. Wer
nur 2 Euro für ein gebratenes Kotelett bezahlt, kann nicht davon ausgehen,
Qualität auf dem Teller beziehungsweise später in seinem Magen zu haben.
Zum anderen braucht es ein energisches Vorgehen der Politik
gegen die Mafiosi aus der Fleischbranche, die ihren Hals nicht voll kriegen
können. Und eigentlich müssten alle Theater der Republik die Brechtsche
»Heilige Johanna der Schlachthöfe« auf den Spielplan setzen. Denn das Stück
zeigt die Profitgier der Fleischbarone, die sich seit dem Ende der 20er Jahre
offensichtlich nicht geändert hat. Und es zeigt die Lage der Arbeiter in den
Schlachthöfen. Auch das ist hochaktuell. Denn die Ausbeutung von meist
osteuropäischen Scheinselbständigen in der Branche ist ein weiterer ethischer
Grund kein Fleisch zu essen.